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07 Mai 2010

Der Unsinn mit dem Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse

Um etwas Klarheit in die Diskussion um das Problem der Krise in der Presse zu bringen, werde ich zunächst beleuchten, wie Presseverlage und Nachrichtenagenturen entstanden sind. Am Anfang war das Gerücht. Gerüchte sind Nachrichten die von Mensch zu Mensch weitergegeben werden, und deren Wahrheitsgehalt sich nur schwer bis gar nicht überprüfen ließen. Einzig der Leumund dessen, von dem man ein Gerücht erfahren hat und das eigene Wissen konnten von den Menschen für die Bewertung einer Nachricht herangezogen werden. Wer also schon mal ferne Stätten und Landschaften gesehen hat, war klar im Vorteil, weil er Fehler in den Beschreibungen der Gerüchte erkennen konnte, und sich somit ein qualifizierteres Urteil erlauben konnte. Aus dieser Zeit stammt auch die Sentenz Reisen bildet. Es gab zwar schon das geschriebene Wort, aber jedes einzelne Exemplar musste von Hand angefertigt werden. Insoweit diente das geschriebene Wort nur der Langzeitspeicherung von Wissen sowie natürlich der autorisierten Weitergabe von Befehlen der Regierenden.

Ein erster Schritt war die Erfindung des Druckens. Am Anfang taugte diese Methode aber nur, um Kunstwerke einem größerem Kreis von Menschen zugänglich zu machen. Das lag daran, das der Künstler das Original seines Werkes auf einer Kupfer, Holz oder Steinplatte herstellen musste, von der dann die Kupferstiche, Holzschnitte oder Lithographien als identische Kopien gezogen wurden. Erst mit der Erfindung der beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg konnten beliebige Texte vervielfältigt werden. Die Ausrüstung dafür erforderte eine größere Investition in Technisches Gerät, und das was der wirtschaftliche Grund für das auftreten von Verlegern. Diese Leute hatten das Gerät für die Vervielfachung von Nachrichten. Die stammten damals zwar noch aus der unmittelbaren Umgebung oder aus Berichten die Reisende mitbrachten. Aus diesem Grund gab es in jeder Stadt eine oder sogar mehrere Zeitungen, weil ja die Informationslage in jeder Stadt auch eine Andere war. Die neu gebildeten Zeitungen brauchten bald Menschen, die Hinausgehen, und Informationen sammeln. Das war die Geburtsstunde des Berufes eines Journalisten und des Urheberrechts, das die Journalisten und Komponisten vor Ausbeutung schützen soll.

Der nächste wichtige Schritt war die Entdeckung der Elektrizität. Diese erlaubte es Gaus, mittels Morse Zeichen Informationen sehr schnell über weite Distanzen zu transportieren. Anfänglich für den Eiltransport von geschäftlichen Depeschen entwickelt, wurde von cleveren Geschäftsleuten wie Herrn Reuter eine Marktlücke entdeckt. Sie kauften große Kontingente und versandten Informationen in entfernte Städte, wo sie diese dann verkauften. Die einzelnen Verlage und Börsenhändler hätten sich diesen Aufwand alleine nicht leisten können. Das war der Wirtschaftliche Grundlage für des Entstehen der Nachrichtenagenturen. In der Folgezeit wurden die Möglichkeiten der Fernübertragung immer besser, wie zum Beispiel durch die ersten transatlantischen Kupferkabel. Durch die entstehende Konkurrenz waren die Nachrichtenagenturen durchaus erfinderisch. So wurden z.B. Fernschreiber Signale per Rundfunk an die Abonnenten verteilt. Ich kann mich an so ein Gerät erinnnern, das ich als Kind in einer Bank gesehen habe.

Was ist denn nun passiert, das dieses sorgfältig gefügte Gebäude so existenziell in Schieflage geraten ist? Nun ganz einfach, die Kosten für Übertragung und Verteilung von Informationen sind ins Bodenlose gefallen. Beipiel: als ich studiert habe, war das schnellste Telefonmodem der 300 Bd Bell Klassiker. Das sind 30 Zeichen in der Sekunde, also alle 2 Sekunden eine Zeile aus diesem Blog. Wie sie gesehen haben, hat sich diese Seite viel schneller aufgebaut, selbst dann, wann sie diese Seite über eine Modemverbindung geladen haben. Heutige state of the Art Modems übertragen 30000 Bd, also mit trickreicher Kompression 183 Zeilen in der Sekunde. Aber längst hat das Internet die Telefonleitungen, in denen es geboren wurde, verlassen. Heutige Anschlüsse haben 50.000.000 Bd das sind 277.777 Zeilen, also mehr als alle meine Blogbeiträge, in der Sekunde. Und das zu Kosten in der Größenordnung von fest 25 Euro pro Monat als Flatrate. Möglich wird das durch die Fortschritte in der Übertragungstechnik. Speziell in der Übertragung mit Licht, steht man überhaupt erst am Anfang des physikalisch Möglichen.

Fazit, die Kosten für die Übertragung und Verteilung von Informationen sind so dramatisch gefallen, dass sie in Relation zu den oben dargestellten Verhältnissen schlicht nicht mehr existieren, uns sie werden weiter fallen. Ja und, damit hat sich nach den oben Gesagten, auch die wirtschaftliche Existenzberechtigung von Verlegern und Nachrichtenagenturen in Luft aufgelöst. Diese spüren den Umbruch durch Umsatzeinbruch. Unfähig oder zu bequem neue Geschäftsmodelle zu Entwickeln und sich den wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen, schreien die Manager nach neuen einem Gesetz, das ihr altes Geschäftmodell am Leben halten soll. Dieses Gesetz ist das in Rede stehende Leistungsschutzrecht.

Ein solches Leistungsschutzrecht zu Implementieren wäre wie das Vorschreiben eines Heizers auf einer E-Lok. Denn eine E-Lok ist ja, wie jeder weiß, von einer Person bequem zu bedienen. Damit wird aber dem Geschäftsmodell des Heizers den Gar ausgemacht, der bis dato auf der Darmpflok immer mitfuhr, und für die Versorgung des Kessels mit Brennstoff zuständig war. Das kann nicht sein denken sie? Weit gefehlt, das gab es auf Gewerkschaftlichen Druck hin im Großbritannien der "vor-Maggi-Thatcher-Zeit" allen ernstes. Und das alles blieb nicht ohne Folgen, sondern verursachte eine tiefe Wirtschaftskrise mit dem Potential in die absolute Bedeutungslosigkeit abzurutschen. Jener Nation, die keine 75 Jahre vorher das Zentrum des Britisch Empire war, welches man mit Fug und Recht als Weltreich bezeichnen darf.

Wie soll es also mit der Presse weitergehen? Zunächst möchte ich mal zwischen Informationspresse und Unterhaltungspresse unterscheiden. Die Unterhaltungspresse ist kreativ, und erstellt durchaus neue Formate die Profit abwefen. Beispielsweise interaktive Applikationen die mit Text, Ton, Video und 3D alles Wissenswerte, z.B. der Baseballliga, darstellen. Oder mit Computerspielen, die man bei der heutigen Qualität der Darstellung guten Gewissens als interaktiven Film bezeichnen kann, in der der Zuschauer die Handlung bestimmen kann und sogar mit anderen Nutzern interagieren kann.

Wenden wir uns jetzt der informierenden Presse zu, der ja auch eine wichtige Staatstragende Funktion innewohnt. Da Verlage und Nachrichtenagenturen wirtschaftlich obsolet sind, nehmen wir der Einfachheit halber einfach mal an, das es sie nicht (mehr) gibt. Das macht den Blick frei für neue Perspektiven. Was gebraucht wird sind Journalisten, die Bericht erstatten, und solche Leute die sich Gedanken machen und das Geschehen, so wie ich das tue, kommentieren. Das können Profis sein, welche routinemäßig Berichten. Das werden dann aus wirtschaftlichen Gründen sinnvollerweise typischerweise ähnliche Berichte sein, also zum Beispiel Gerichts- & Börsenreports oder Berichte von Unfälle im Straßenverkehr. Dann gibt es diejenigen die zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sind, wie zum Beispiel diejenigen Twitterer, welche von der Notlandung eines Passagierflugzeugs im Hudsonriver berichtet haben und damit den Dienst so richtig berühmt gemacht haben. Mittlerweile verbreiten sich Nachrichten, z.B. über Erdbeben auf Twitter schneller als die Erdbebenwellen. Sie alle werden dann Blogs wie diesen nutzen. Dieser Blog ist völlig kostenfrei zu bekommen, so das bei der Verwendung von Zählpixel der VG Wort Brutto für Netto dabei raus kommt.

Kritiker werden einwenden, das dabei der Investigative Journalismus a la Günter Wallraff heute ohne Arbeitgeber nicht existieren kann. Das sehe ich aber nicht so. Denn zum einen würde eines solche hochkarätige Quelle bei vielen Leuten im RSS Reader auftauchen, auch dann wenn nur sehr selten Postings gesendet werden. Da aber seine Storys mehr oder weniger ein Muss sind, würde eher mehr gelesen, wie ein x-beliebiger Gerichtsreporter in einer Großstadt. Im Übrigen hat sich gezeigt, das sich das Wesen des investigativen Journalismus eigentlich längst verändert hat.

Über spezielle Webseiten wie wikileaks werden heute die top brisanten Fakten verbreitet, die von Menschen die Missstände in ihrer Organisation nicht mehr hinnehmen wollen. Sei es das zum Beispiel die Machenschaften isländischer Banker aufgedeckt wurden. Auch das mächtige amerikanische Militär muss sich bloßstellen lassen wenn es das Feuer auf unschuldige Zivilisten eröffnet und die Soldaten auch noch flache Witze darüber machen. Man kann also nicht sagen, das die vierte Säule unseres Rechtsstaat unterhöhlt wird, wenn es keine Verlage und Nachrichtenagenturen mehr geben sollte.



Alle Blogs kann man aber doch gar nicht lesen, wird man von Kritikern zu hören bekommen. Die Auswahl, das sei doch der Kern der redaktionellen Arbeit eine Zeitung. Aber Google, Rivva & Co beweisen uns jeden Tag aufs neue, das sie es vortrefflich verstehen, individuell passende "Zeitungen" für ihre User nur anhand von statistischen Kriterien zusammenzustellen. Dabei wird der Kunde so wie jetzt auch auf die Webseiten des Anbieters gelenkt, so das dessen Zähler hoch gesetzt wird, was für die Abrechnung über VG-Wort wichtig ist.

Wir haben aber auch noch genügend Menschen in unserem Land, welche mit der neuen Technik nicht klarkommen können oder wollen. Es wird also so etwas gebraucht, um über einen News Aggregator auch automatisch Printvorlagen extrahieren und über die VG-Wort lizenzieren zu können. Damit können die Druckereien der heutigen Verlage einen gewinnbringenden Auslaufsupport bieten für Leute welchen dem klassischen Medium verbunden sind. Es gibt also keinen Grund, gesetzlich vorzuschreiben, das auf der E-Lok ein Heizer mit fährt.

Nachtrag 10 Mai: Der bekannte Blog Ruhrbarone ist zum Beispiel jetzt auch als Regionalinformation auf Papier zu bekommen. Geht doch. Jetzt fehlt nur noch, das auch ein News Aggregator wie Google mit Kundenwünschen auf Papier zu bekommen ist. Aber Lizenzierung und Konvertierung sind technisch organisatorische Fragen, die beherrschbar sind.

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